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Technopathien

Für Kuhnection steht das Tierwohl an erster Stelle. Wir wollen, dass die Rinder auf ihren Pensionshöfen gut aufgehoben sind und ein möglichst glückliches und gesundes Leben führen können. Dabei schauen wir vor allem auf das Platzangebot und die Gegebenheiten des Stalles. Denn um  gesunde Rinder zu haben, ist eine geeignete Umgebung entscheidend. So gibt es nämlich viele Krankheiten oder Verletzungen, die nur aufgrund der Haltungsbedingungen entstehen. Diese nennt man Technopathien.

Was sind Technopathien?

Technopathien sind haltungsbedingte Schäden, die durch mangelhafte oder nicht passende Stalleinrichtung am Tier entstehen. Dazu gehören Scheuerstellen, Schwellungen, offene Wunden bis hin zu Sehnenrissen, Zitzen- und Klauenerkrankungen und weitere Erkrankungen des Bewegungsapparates. Ein Begriff, den man im Zusammenhang mit Technopathien immer wieder liest, ist der Dekubitus. Ein Dekubitus beziehungsweise eine Dekubitalstelle beschreibt beschädigtes Gewebe, aufgrund von anhaltendem Druck auf eine Körperstelle. Dieser Druck führt zu einer Unterversorgung im Gewebe und in deren Folge zu langwierigen Wunden. Dekubitalstellen entstehen vor allem an Körperbereichen, wo die Knochen hervorstehen. Betroffene Stellen sind meistens das Karpalgelenk, das Tarsalgelenk oder die Hüft- und Sitzbeinhöcker. Dekubitalstellen werden häufig unterschätzt und als “harmlose Liegeschwielen” abgetan. Jedoch können sie bei einer Nichtbehandlung zu sehr schwerwiegenden Folgen führen. Diese Folgen können Hautnekrosen, Abszesse, Entzündungen (Phlegmone), die in Gelenke, Sehnen und Knochen vordringen können, sowie Gefäßthrombosen und -embolien sein. Wenn Erreger durch Dekubitalstellen eindringen und in Organe wie Herz, Lunge oder Nieren streuen, kann dies sogar tödlich enden. Dies sind oft die Fälle, wenn scheinbar gesunde Tiere plötzlich sterben. Dekubitalstellen und alle anderen Technopathien sollten also immer ernst genommen werden.

Wie entstehen Technopathien? ​

Technopathien entstehen durch Fehler im Stallbau und der Stalleinrichtung. Diese Fehler können äußerst vielfältig sein. 

Zum Beispiel ungeeignet perforierte oder zu glatte planbefestigte Böden führen zu Gefahren im Laufstall. Sackgassen, sowie zu geringe Laufgangbreiten zwischen den Liegebuchten oder dem Fressplatz können zu vielen Verletzungen vor allem im Zusammenspiel mit anderen Rindern führen. Ebenso bieten spitze Gegenstände oder falsch angebrachte Kratzbürsten Potential für Technopathien. Auch beim Fressplatz können viele Technopathien entstehen. Zunächst müssen genügend Fressplätze vorhanden sein, ebenso darf der Nackenriegel nicht scheuern, da dies zu Dekubitusstellen führen kann.  Das Fressniveau sollte mindestens 20 cm höher als die Standfläche des Tieres sein, da die Tiere im Stall nicht wie auf der Weide beim Grasen im “Weideschritt” stehen können. Bei Ställen mit Stroheinstreu muss ganz besonders darauf geachtet werden, dass die Tiefstreuschicht nicht zu hoch wird und die Tiere dadurch zum Beispiel Druckstellen durch das Fressgitter bekommen. Eine der größten Gefahren für Technopathien stellen unpassende Liegebuchten dar. Sind die zu schmal, zu kurz, verschmutzt oder unbequem führt das zu den nun bekannten Dekubitalstellen. Aber es kann auch dazu führen, dass die Rinder, aufgrund der unattraktiven Liegeboxen, zu wenig liegen und dadurch Klauenerkrankungen bekommen.

Wie vermeidet man Technopathien? ​

Wenn man die Möglichkeit hat, einen Stall neu zu bauen, ist es natürlich am einfachsten, die Stalleinrichtung so zu gestalten, dass sie bestens auf die Bedürfnisse der Rinder angepasst ist und Technopathien vorbeugt. In der Regel werden aber meistens schon vorhandene Ställe zu Pensionshöfen umgenutzt oder mit der Pensionstierhaltung kombiniert. Hier ist es wichtig, die Stalleinrichtung so umzubauen, dass die Rinder keine Technopathien bekommen. Bei Spaltenböden muss man die Spaltbreite und Auftrittfläche beachten. Die Tierschutzleitlinie für die Mastrinderhaltung, (Niedersachsen (2018)) sieht hier eine Spaltbreite von maximal 3,5 cm und eine Auftrittsfläche von 8-13 cm, um Klauenverletzungen zu vermeiden. Planbefestigter Betonboden wird nach einiger Zeit sehr rutschig. Hier muss der Stallboden zum Beispiel durch Fräsen oder Gummiauflagen saniert werden. Essentiell ist außerdem, die Liegeboxen auf die Maße der Rinder anzupassen. Hierbei sollte man sich an den größten Tieren der Herde orientieren. An der Stelle ist es deutlich von Vorteil, wenn die Herde möglichst homogen ist. 

Allgemeine Richtwerte sind eine Breite von 125cm, eine Liegeflächenlänge von 180-200 cm und eine Gesamtlänge von 280 cm für wandständige Boxen, damit ein ausreichender Kopfraum für den Kopfschwung beim Aufstehen gewährleistet wird. Allerdings kommen diese Maße hauptsächlich aus der Milchviehhaltung. Je nach Rasse und Alter der Tiere können andere Boxenmaße optimal sein.

Es gibt auch Formeln, die in der Beratung oft für die Abmessung der Liegebuchten genutzt werden (Wandel, 2006):

Neben der Bemühung, die Stalleinrichtung bestens auf die Rinder anzupassen, ist die Tierbeobachtung eine der wichtigsten Maßnahmen, um Technopathien vorzubeugen. Auffälliges Verhalten, welches beispielsweise für ungeeignete Boxenmaße spricht, sind Hintergliedmaße, die vor der Box liegen. Genauso sind in den Gängen liegende Tiere, stark verschmutzte Rinder, oder im Allgemeinen sehr wenig liegende Tiere im Stall, sondern viele stehende und gehende Tiere besorgniserregend. Ein Alarmzeichen dafür, dass die Boxen definitiv zu klein sind, ist das pferdeartige Aufstehen oder sitzende Rinder. Dies ist ein unnatürliches Verhalten, was Rinder nur machen, wenn sie keinen Platz für den Kopfschwung beim Aufstehen haben.

Wenn nun aber schon Technopathien entstanden sind, gilt es diese unbedingt ernst zu nehmen. Zunächst muss das Tier tierärztlich behandelt werden, um schlimmeres und langfristige Schäden zu vermeiden. Doch im gleichen Zug muss die stallbauliche Ursache für die Technopathie verbessert werden. 

Wir bei Kuhnection achten bei der Zertifizierung unserer Pensionsbetriebe sehr genau darauf, dass die Haltungsbedingungen bestes Tierwohl bieten und helfen interessierten Betrieben gerne dabei, Lösungen oder Verbesserungsmöglichkeiten für ihren Stall zu finden.

Quellen​

Interview mit Dr. Matthias Müller (2018) https://derhoftierarzt.de/2018/12/technopathien-beim-rind/

“Dekubitus beim Rind” (Magazin Großtierpraxis 5:9, 22-28 (2004))

Tierschutzleitlinie für die Mastrinderhaltung, Niedersachsen (2018)

Der Streit um die perfekten Boxenmaße”, Top Agrar 2/2008 https://www.topagrar.com/dl/2/8/9/2/0/0/4/TR_034_038_02_08.pdf

https://die-fruchtbare-kuh.ch/kuhsignale/haltung-im-stall/kuh-im-hundesitz/ (Aufgerufen 04.11.2023)